Fundstücke

 

Lichtwind

 

Es liegt

zerbrochenes Licht

auf deinen Wangen

deinen Lippen

und es streicht Wind

über die Falten

die Geschichten erzählen

von Lachen und Weinen

Geschichten vom Leben

und

von Licht und Wind

 

erschienen in "Wilde Rosen" einem Lyrikband des Sperling Verlages 2017

 

Kann ich Blau

 

Himmel ohne Wolken

Bei Sonnenschein

Meer mit bewegten Wellen

Im Sonnenlicht

Dann

Dann denke ich an Yves Klein

An Ultramarin so unendlich tief

An Kobaltblau und Azurit

An Aquamarin und Lapislazuli

An Türkis

Meist an Meeresgestaden

an Enzianblau und die Kornblume

aber auch an den Saphir

an die blaue Blume der Romantik

den blauen Reiter

an die Fahrt ins Blaue

denke an den Blues und Blueberry Hills

oder wenn ich blau bin

nach den Genuss von zu viel Rotwein

an den blauen Montag

an die Blaumeise, den Blauwal und blaue Mauritius

denk an den blauen Nil

an den blauen Planet

an Blaubeere, Blaukraut und Blauschimmelkäse

aber auch an Blaupause,

an Ritter Blaubart und Blaubeuren

kann aber nicht

das Blaue vom Himmel versprechen

ich kann blau.

 

Diese Gedicht wurde bei einem Wettbewerb mit dem Thema Farben

von Fantasiewort.com am 13. Oktober 2014 veröffentlicht.

 

April

 

Inmitten Wolkenfetzen

flüstert Licht durch Nebelwörter

und es flockt Schnee herab

vereinzelt

dazwischen blinzelt Sonne

ein arabesker Kanon

 

Energie atmet tief

Wurzeln freuen sich was

bringen Erde zum Bersten

aufgetaute Freude

 

Knospen erwachen

auf Pfaden der Stille

in der Luft schwebt Frühling

garniert mit Vogelmelodien

 

ein Lidschlag entfernt

der Mond der Aphrodite

Blüten öffnen sich

vereinzelt

nicht zu übersehen

es ist April

 

Dieses Gedicht erreichte die höchste Auswahlrunde beim "Lyrikwettbewerb 2015" des Literaturpodiums. (149 von 3500)

 

Auf eine Zigarette

 

Ich hatte sie gern

die Zigarettengespräche

mit Gleichgesinnten

es war Poesie

mit blauem Dunst

Worte zwischen den Zügen

Genuss zwischen Worten

tief inhaliert zur Befriedigung

der Sucht nach Wohlgefühl

aus tiefstem Innern

dankt die Freude

was bleibt

eine letzte Glut

ein Stummel

bis zum nächsten Mal.

 

erschienen in "eXperimenta" Magazin für Literatur und Kunst Ausgabe 07/08/16

 

September

 

Es liegt in der Luft

der Sommer verblüht

Farblos der Lichtwechsel im frühen Nebel

Die Morgendämmerung tut sich schwer

Blumen schauen nicht mehr so heiter

Da fällt vor mit das erste Blatt

im schleierhaften Schattenspiel

Die Sommerbilder sind schon abgehängt

Es ist heimlich September

Kräftig bedrückt der Farbenschauer

Es riecht nach Kastanie

Dann aber erobert fahles Gewölk 

die verlorene Landschaft

Wolken löschen Erinnerungen aus

Der Gesang des Windes

verliert sich im Schatten.

 

In schönen, sinnlichen Bildern fangen Sie die besondere Stimmung ein. Diese zeigt, dass Sie ein äußerst bemerkenswertes Stück Poesie hervorgebracht haben. Ein sehr ausgewogenes Bild, bei dem Ihr äußerst gewandter Umgang mit der Bildsprache der Lyrik besonders auffällt. 

Marion Maier-Marienberg, Jury Bibliothek deutschsprachiger Gedichte.

 

 

Späte Stille

 

Müde Laternen

am Bahnsteig

erzählen vom

letzten Nachtzug

Zerrissen die Schatten

taumelnd im Licht

suchen nach Konturen

am Grund

Im Fahrplan wird

die Zeit angehalten

auf Momente fixiert

und dort

abseits der Schienen

tropft einsames

Schweigen

 

Erschienen in der Frankfurter Bibliothek 2016

 

Nur ein Traum 

 

Ich habe geträumt

am helllichten Tag

von der erlösenden Nacht

von ahnungslosen Frieden

vom Waffenstillstand im Vollmond

von dort

wo sich aufgebrachte Fremde

wie alte Freunde umarmen

habe geträumt

 

zitternde Panzer bleiben stecken

im Schlamm eingerosteter Politik

mit dem Rohr nach unten

die Kanonen

versinken im Abgrund der Erde

stumme Gewehre biegen sich

zu den tollsten Gebilden

wie blutendes Wachs

zu tropfenden Formen

 

verwirrte Raketen schwirren frei

ins blinde Universum

gleichsam ein heiteres Feuerwerk

auf nimmer Wiedersehn

traurige Leuchtspuren bleiben

bin Tagträumer

bin der Imagination

auf den Leim gegangen

ich huste in den Tag

nur ein Traum.

 

Veröffentlicht im Kaskaden Onlinemagazin Nr. 10 www.lyrikzeitschrift.de

 

Baltikum  

 

Flaches und kaum moduliertes Land

Wind galoppiert ungehindert

über Wiesen und Fluren

Birken, Kiefern fühlen sich wohl

Am Himmel zerstreuen sich die Wolken

Gerstenfelder wogen rhythmisch

im Gegenlicht zittert Gras

Holzhäuser sind von Farben verlassen worden

mit morschen Fenstern, mit ergrauten Türen

Stille Wege, regungslose Pfade

Storchennester auf hölzernen Strommasten

Gegen Westen paradox die Ostsee

bleigraues Meer im Dunst begraben

Wenn Regen die Heiterkeit verwischt

brechen Tage zusammen

wird der Wald vergessen

dann zerfetzt der Wind das Grau

Scheu treffen Sonnenstrahlen

auf das stille Land

erinnert an Livland und Kurland

an Schwertbrüderorden,

die Kurische Nehrung und Haff

mit wandernden und schlafenden Dünen

an Möwengeschrei

das die Ruhe zerstückelt.

 

Zu Fuß

 

Kaum in den Schuhen

das Gefühl von Bewegung

schon springt die Landschaft

in Gedanken vorrüber

zu Fuß

den Rucksack voller Töne

vergraben meine liebsten Worte

blaue Schatten lehnen übern Weg

Wortgeister begleiten mich

zu Fuß

über Blätter gestolpert

ins Niemandsland

auf Anhieb am Zauberbaum 

den Schrecken verloren

zu Fuß

Kobolde am Wegesrand

zu Stein gewordene Dämonen

im Rückspiegel Farbenregen

auf Zeitreise

zu Fuß

figurbetonte Kürbisse

kauern noch unversehrt

vor Halloweens Gemetzel

am Abend

barfuß

 

erschienen im Lyrikband "Neue Wege" des Sperling Verlages

 

Rapa Nui

 

Aus Fels gemeißelt

Figuren blicken stumm

Verstreut

Am Rande des Vulkans

 

Südlich des südlichen Wendekreises

Einsam im Pazifik

Isla de Pascua

 

Hotu Matua hat dich besiedelt

Monumente sind entstanden

Unter großen Mühen

 

Am Rano Ranaku

Gebärmutter der kolossalen Statuen

Mutter aller Moais

 

Mythische Skulpturen

Schauen erstarrt

in die Endlosigkeit

 

© Wolfgang Mach