Stücke
Fuge Nr.1
Auf der anderen Seite des Meeres
Weit hinter der gaukelnden Brandung
Dort wo Himmel und Meer sich vermischen
Im Gleichgewicht von Hell und Dunkel
Fern hinter dem fremden Horizont
Dort muss es sein das Sehnsuchtsland
Das Land der fröhlichen Schildkröten
Und der traurigen Schmetterlinge
Am Rande der Welt
Dort an den Grenzen zur Wiederkehr
Gerade da wo die späte Sonne
In goldenem Schimmern versinkt
Dort ist die Sonneninsel
Lichtüberflutet wie schillernde Seide
Auch das Tor zu den gefangenen Sternschnuppen
Wo Mastspitzen im zerwühlten Gewässer auftauchen
Da feiern Zugvögel andachtsvolle Stunden
Im Kielwasser der Apokalypse
Immer noch die Wellen himmeltrunken
Wogen Farbmelodien im dunkler werdenden Schatten
Partituren einer stürmischen Komposition erklingen
Schallwellen
Zu einer Schlussfuge
Dieses Gedicht ist in den Anthologien "Träumende Tonspuren" und "Zwischen den Wolken" erschienen. Das Lektorat des Lorbeer Verlages schrieb:
Es gelingt Wolfgang Mach in vollendeter lyrischer Sprache und Ausdrucksweise malerische und musikalische Elemente zu einem stimmungsvollen Werk zeitgenössischer Literatur zu vereinen und den Leser tief in die Atmosphäre mitzunehmen und eintauchen zu lassen.
Lücken
zwischen meinen Wörtern
sind weichgespült,
gähnen leer
stolze Silben sind verloren
einsame Buchstaben haben sich verirrt
im Kosmos des Blindtextes
suche nach schüchternen Worten
nach Spuren chiffrierter Epik
fahnde nach poetischen Wegen
finde ratloses Nichts
abgedruckt in der Zeitschrift für freie Autoren "Freidenker" Nr. 18 2016
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Worte gehen übers Land
zum Tal der Anmerkungen
begegnen Marginalien
ahnungslos
Heißblütige Überschriften
werfen Schatten auf den
Text der Sprache
gnadenlos
In den Sätzen tränen Kommas
finden Schleichwege
für die schmutzigen Wörter
zügellos
Die Sprache hat im Neonlicht
ein Fundwort aufgelesen
hinterm Apostroph
fassungslos
Buchstaben tanzen verwirrt
suchen Unterschlupf in Silben
für Poesie in Zeilen
sprachlos
Dieses Gedicht wurde in der Zeitschrift für freie Autoren "FreiDenker" Ausgabe 2/2015 veröffentlicht.
Ferne Tage auf dem Müll
windschiefe Wörter
schleichen
über Blech, Plastik, Schutt
es weht der Geruch von Unrat
heuschreckengleich
deponiert in Produktruinen
verfallen im Datum
verbrauchte Freude
erzählt von
weggeworfenen Episoden
geplatzte Reliquien
tummeln sich auf Barrikaden
zerstörte Erlebnisse stapeln
abgetragene Erinnerungen
an der Klagemauer des Überflusses
Fetzen von entsorgtem Kapitalismus
spiegeln sich im Sound das Abfalls
in den
Endmoränen des Konsums
Dieses Gedicht ist Gewinner des "Lyrikwettbewerbes 2015" beim Literaturpodium und wurde im Gedichtband "Nordlandwinter" 2016 veröffentlicht.
Homs
Flaches Licht bannt Schattenbilder
an zerstörte Wände
Balkone gähnen aus rauchenden Ruinen
Fragende Strukturen sterben in Erinnerungen
stolpern über Trümmer
An den Randzonen, verbranntes Leben
Verzweifelte leere Blicke
hinter lautlosen Fugen
Am Horizont detoniert ein Sprengkörper
geschmiedete Töne des Schreckens
Im Wind flattert Angst
Schreiendes Blut steht in Pfützen
hoffnungslose Fragmente fliehen gen Himmel
Schüsse versiegen durch ausgebrannte Wohnungen
In Wolken genagelte Verzweiflung
blickt auf Gräben des Grauens
auf verlassene Häuserschluchten
Fiebergraue Mauern flüstern
von vergangenen Tagen
Flügel entschweben ins Nirwana
Inschallah
Dieses Gedicht ist erschienen in "TrümmerSeele" zusammen mit über 100 anderen DichterInnen um ein Zeichen zu setzen für Toleranz und Nächstenliebe bei der Aktion #DichterfuerFluechtlinge. Außerdem in dem Magazin für Literatur und Kunst "eXperimenta".
Urbane Freiheit
Häuser stehen dicht gedrängt
dazwischen klebt Asphalt
die Straßen atmen Aufklärung
Parkhäuser haben Anarchie gefesselt
im Menschen- und Verkehrsgetümmel
Verschwitzter Beton singt
die Ballade von bürgerlicher Hektik
von Freiheit und urbanem Leben
Graffiti erzählen Geschichten aus dem Paradies
dazu die Melodie des Martinhorns
In der Sackgasse bersten Gefühle
der Pulsschlag wirkt schon magisch
am Rummelplatz der Sinne
am Marktplatz der Begegnung
spazieren anonyme Wesen
Irritierte Wolkenkratzer
trauern über verlorene Dunkelheit
träumen von der Stille
vom Seitensprung mit Rohbauten
Dynamik gibt den Takt vor
pulsiert im Rhythmus des Getriebes
Im Fahrstuhl zu den Antennen
im Labyrinth der Möglichkeiten
wartet einsame Geborgenheit
In der Schwäbischen Zeitung war über dieses Gedicht zu lesen:
“Wolfgang Mach stellte in seinem wort- und gedankengewaltigen Gedicht
„Urbane Freiheit“ ein Stadtbild mit anonymen Wesen vor, in dem Straßen und Gebäude zu Akteuren wurden.“
Hommage an Nr. 4
Aufstieg
Untergang
Umbruch im Schatten
von Ost und West
einer stieg auf
der Untergang
die Windmühlen
bösartig die
Quarkmaschine
unverständlich
was passiert
zwei Haufen
mit Unbehagen
sind von Besserwissern
weggeschwafelt worden
der Kannibale sucht
das Herz in der Finsternis
Zweifelhaftigkeit
gehört dazu
schwafle gern
zum falschen Schluss
Dieses Gedicht wurde in der Schweizer Literatuzeitschrift "Delirium Nr.5" im Oktober 2015 veröffentlicht.
Wirklichkeit flieht
Immer
Wenn die
schwarzen Schafe
im Gänsemarsch
übern Zebrastreifen gehen
Am Bürgersteig
der Empörung flanieren
Dann vorbei
an den Buschwindröschen
bei dem richtungslosen
Abstellgleis
Wo der Weihrauch
der Aufregung
sich im Schwitzkasten
abschafft
Immer dann wenn die
Melodien der Zuversicht
die Klangfarben
zum Ohrwurm wandeln
Dann
Treffen sie auf ein Picknick
der Steckenpferde
Bei den tanzenden Windmühlen
in der Wolkenstadt
Dann
Befindet sich Realität
auf der Flucht
Dieses Gedicht wurde vom Lorbeer-Verlag am 15. Dezember 2014
nach einem Wettbewerb in die Anthologie Lyrischer Lorbeer 2014 „Träumende Tonspuren“ aufgenommen.
Junger Tag im Herbst
Hörst du das trübe Licht
das Dünne
jetzt im Morgen
flüsternd sachte und klamm
Zwischen den grauen Stunden
hoffend
auf einem Lichtschimmer
begreifst du den matten Schein
Der junge Tag
hat sich im Spinngewebe verfranzt
zwischen Fäden und Tau
tropft die frühe Zeit
in den stummen Tag
Dieses Gedicht wurde am 30. Oktober 2014 in der Anthologie
„Frankfurter Bibliothek des zeitgenössischen Gedichts“ veröffentlicht.
Salto der Gedanken
oder
Ein Sommertag stirbt
Schachtelhalme am Waldrand freuen sich
Würde mich auch amüsieren
über freundliche Konjunktive, über schattige Aussichten.
Die verzweifelte Hitze erzählt von Siesta
von Treibgut an Düften in schwereloser Zeit.
Gefühle üben Purzelbäume hinterm Vorhang
Warum? Suchen Erinnerungen an kalte Tage.
Kurz vor der Stadt verkümmert der Duft von Violett.
Ein stummes Orchester koloriert Melodien, sucht Farbigkeit.
Gesalzene Lügen geben Klopfzeichen in der Sackgasse.
Im Rinnstein vertrocknen verlorene Wahrheiten.
Die Sehnsucht wurde am Straßenrand überfahren
herzlos am Straßenrand, daneben eine traurige Pusteblume.
Es waren Findlinge,
Findlinge auf der Überholspur.
Wäre gerne Mauerblümchen oder auf der Suche nach Utopie
oder eine Kröte im Schwanensee
wie die Langeweile auf der Insel der Zeit.
Ja der Eisberg braucht Hustensaft.
Dafür blicken uns paradoxe Bildschirmschoner an
jeden Sommertag, jeden Tag.
Ein langsamer Walzer klettert in die Freiheit
endlich.
Das stehende Flimmern wird durch einen Flügelschlag zerfetzt.
Luft vibriert gnadenlos brennend.
Kein Vogel gibt einen Ton von sich
Blumen sprechen nicht mehr.
Eine Seifenblase zerplatzt kaum aufgestiegen
Will den Schatten fangen an der Müllhalde des Tages.
Der Himmel ahnt das schleichende Ende
landeinwärts dämmert es.
Langsam verwischen Konturen des nachtfarbenen Abschieds.
Schaffen wir doch den Tod ab
schicken die göttliche Komödie ins Exil.
Jeden Tag können wir oft sterben
an der Peripherie des Lebens.
Dieses Gedicht ist im Lyrikband "Stummgelebt" des Sternenblick Projekts erschienen. "Ein tolles Werk mit tollen Autoren. Für jeden Lyrikbegeisterten ein absolutes muss" aus der Rezension von Domidonis.
© Wolfgang Mach